Die Ferkelproduktion liefert die Basis für die nachgelagerte Mast und Vermarktung. Circa 100 Zuchtbetriebe stellen dafür die Genetik bereit.

Copyright © agrarfoto.com

Schweinehaltung: Kennzeichnung und KI sollen Tierwohl sichtbar machen

Mit einheitlichen Kennzeichnungsstufen und KI-gestützter Forschung will die Branche Tierwohl besser abbilden im Stall und im Regal.

Hinweis: Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten System in das Archiv übernommen. Es können Übertragungsfehler oder Abweichungen auftreten. Wir bitten um Verständnis.

In Oberösterreich halten etwa 5000 Betriebe Schweine, für circa 1700 davon ist dies der Haupterwerb. Auf diesen Höfen leben rund eine Million Schweine und damit über 90 Prozent des Bestands im Bundesland. Über 100 Herdebuchzuchtbetriebe liefern die genetische Grundlage Eber und Jungsauen für die Schweinehaltung.

Die genetische Entwicklung liegt im internationalen Vergleich in wenigen Händen. Die Grundlage für Zuchtauswahl ist die österreichische Schweineprüfanstalt in Streitdorf (NÖ), die gemeinsam von Landwirtschaftskammern und PIG Austria betrieben wird. Unter standardisierten Bedingungen werden dort Masteigenschaften über mehrere Leistungsparameter geprüft. Die Besamungseber durchlaufen eine strenge Selektion, um nur Tiere mit geeigneten Merkmalen einzusetzen. Ziel ist es, die genetische Basis für hochwertige Schweinefleischprogramme zu schaffen.

Tierwohl kennzeichnen

Seit 2021 verfolgt die Branche eine Tierwohlstrategie, um die Haltungsbedingungen weiterzuentwickeln. Ziel ist es, bis 2030 jährlich eine Million Tiere in Bio- oder Tierwohlhaltung zu erzeugen. Unterstützt werden die Bemühungen durch den „Masterplan Schwein“ der AMA Marketing. In Schweineställen wurden zusätzlich zwei Tierwohl-Stufen eingeführt:

  • Bei TW60 („Mehr Tierwohl – Gut“) sind 60 Prozent mehr Platz und eine eingestreute Liegefläche vorgeschrieben

  • Bei TW100 („Mehr Tierwohl – Sehr gut“) gilt: doppeltes Platzangebot, tief eingestreute Liegefläche, Zugang zu einem Außenbereich, gentechnikfreie europäische Futtermittel, Haltung von Tieren mit Langschwanz und Kastration ausschließlich unter Narkose.

Höhere Tierwohlstandards brauchen Rechts- und Planungssicherheit, aber auch die Bereitschaft der Konsumenten, mehr zu zahlen. Franz Waldenberger

Schweinehaltung: Kennzeichnung und KI sollen Tierwohl sichtbar machen

Die Tierwohlstandards sollen künftig für Konsumenten besser erkennbar sein. Neben dem Güte­siegel soll es eine einheitliche, leicht verständliche Auslobung des Tierwohls direkt auf dem Produkt geben. „Es geht darum, dass das AMA-Gütesiegel als Basis sowie die Kategorien TW60 und TW100 verwendet werden. Gleichzeitig gibt es das Bio-Siegel und die Herkunftskennzeichnung“, erklärt Franz Wal­den­ber­ger, Präsident der LK OÖ. Eine fertige Lösung dafür soll es ab Herbst geben.

Die höheren Tierwohlstandards bedeuten jedoch höhere Kosten, die sich im Produktpreis widerspiegeln müssten. Die Nachfrage nach Schweinefleisch aus Tierwohlprogrammen stagniert derzeit. Laut Schweinebör­se wächst vorrangig der Absatz von konventionellem Schweinefleisch im Preiseinstiegsbereich. Waldenberger verweist auf die gestiegene Preissensibilität der Konsumenten: „Es braucht eine klare Auszeichnung der Qualitätsstufen im Handel und in der Gastrono­mie.“ Auch von der öf­fentlichen Hand erwartet er stär­kere Impulse für Tierwohlprodukte, etwa über die nachhalti­ge Beschaffung in Großküchen.

Rechtliche Absicherung

Mit der Novelle des Tierschutzgesetzes wurde eine Einigung für Übergangsregelungen bei bestehenden Haltungssystemen erzielt. Unstrukturierte Vollspaltenböden bleiben in Altställen noch bis Mitte 2034 erlaubt. Für etwa 170 Betriebe, die zwischen Juni 2018 und
Dezember 2022 in neue Stallungen investiert haben, gilt eine individuelle Übergangsfrist von 16 Jahren ab Fertigstellung. Wer diese Regelung nutzen will, muss dies bis Ende 2027 melden.

Seit 1. Jänner 2023 dürfen bei Neu- und Umbauten keine unstrukturierten Vollspaltenböden mehr eingebaut werden. Waldenberger hofft, dass durch die nun geschaffene Planungssicherheit wieder mehr Investitionen in Tierwohl-Ställe erfolgen. „Nur wenn wir in Österreich produzieren, sichern wir Versorgung und Standards selbst.“

Verhalten erforschen

Parallel zur Kennzeichnungsinitiative soll im Herbst ein neues Forschungsprojekt starten. Gemeinsam mit der Veterinärmedizinischen Universität Wien soll in der Schweineprüfanstalt Streitdorf das Verhalten von Schweinen rund um die Uhr per Kameratechnik erfasst und mittels künstlicher Intelligenz (KI) ausgewertet werden. Ziel ist es, neue züchterisch nutzbare Merkmale etwa zum Sozialverhalten oder zur Aggressivität zu identifizieren.

„Verhalten ist bislang kaum gezielt züchterisch erfasst worden, weil es schwer messbar ist“, erklärt Georg Gstöttenbauer, Obmann von PIG Austria. „KI kann helfen, objektive Daten zu liefern etwa über Bewegungsmuster, Sozialverhalten oder Futteraufnahme.“ Diese Daten könnten künftig auch Hinweise auf das Tierwohl geben und helfen, ruhige und umgängliche Tiere gezielt zu fördern.

Weitere Artikel