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Balken- und Scheibenmäher: Doch kein Unterschied?

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Der Frage, wie Grünland insektenschonend gemäht werden kann, gingen Forschende der Universitäten Hohenheim und Tübingen im Projekt „InsectMow“ nach. Die nun vorliegenden Ergebnisse sind teils verblüffend.

Um die Wirkung zweier konventioneller Mähtechniken auf Gliederfüßer zu untersuchen, wurde eine ungemähte Kontrolle mit einer mit einem Doppelmesser-Balkenmäher (BM 11 02, Arbeitsbreite: 1,70 m, Busatis-Werke) gemähten Fläche und einer mit einem Scheibenmäher (Disco 320, ohne Aufbereiter, Arbeitsbreite: 3 m, Zapfwellendrehzahl: 850–1000 U/min) bearbeiteten verglichen. Die Ergebnisse widersprechen früheren Studien und legen nahe, dass der Sogeffekt der rasch rotierenden Messer keinen signifikanten Einfluss auf die Insektenmortalität hat. „Wir konnten in der Praxis keinen Hinweis finden, dass der Balkenmäher, der oft als die umweltfreundlichere Alternative eingestuft wird, schonender für Insekten und Spinnen ist als der Scheibenmäher“, erklärt Prof. Johannes Steidle von der Universität Hohenheim, Projektleiter und Vorstandsmitglied des Kompetenzzentrums Biodiversität und integrative Taxonomie (KomBioTa). Konkret fanden die Wissenschaftler im Vergleich zu den ungemähten Kontrollen im Durchschnitt 34 Prozent weniger Individuen in den mit dem Balkenmäher gemähten Parzellen und 36 Prozent weniger in den mit dem Scheibenmäher gemähten Flächen.

Vergrämungsgeräte helfen

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Auch unterschiedliche Verscheucher wurden getestet. Hier im Bild ein Scheibenmähwerk (Claas Disco) mit Abstreifvorrichtung

Balken- und Scheibenmäher: Doch kein Unterschied?

„Ein vielversprechender Ansatz für biodiversitätsfreundliches Mähen sind verschiedene Vergrämungsgeräte, die vor dem Mähwerk montiert werden. Sie sollen die Tiere dazu bewegen, zu flüchten oder sich fallen zu lassen, und sie so vor Verletzungen oder Tod schützen“, so Prof.Stefan Böttinger von der Universität Hohenheim. Neben einer Abstreifvorrichtung, bei der eine Lkw-Plane auf einen verstellbaren Metallbügel montiert wird, testeten die Forschenden auch eine Art Rechen, bei dem herabhängende Metallzinken durch das Gras geführt werden, sowie eine Gebläsescheuche, die vor einem Scheibenmäher angebracht wurd.

Dabei soll der Erfolg solcher Vergrämungsgeräte von mehreren Faktoren abhängen. „Bei einer niedrigen Fahrgeschwindigkeit von fünf km/h erwies sich die Insektenscheuche aus Lkw-Plane als sehr effektiv. Bei höheren Geschwindigkeiten von zwölf km/h, die gängige Praxis sind, war dieses Gerät jedoch wirkungslos“, fasst Lea von Berg, Doktorandin am Institut für Evolution und Ökologie der Universität Tübingen, die Ergebnisse zusammen. „Hier zeigten robustere Modelle wie der Rechen mit Metallzinken oder das leistungsstarke Gebläse bessere Ergebnisse.“

Zudem beeinflussen die Vegetationshöhe und -struktur die Wirksamkeit der Geräte. Während die Lkw-Plane bei dichter und hoher Vegetation aufschwimmt und dadurch einen geringeren Scheucheffekt zeigt, sollen die stabileren Metallzinken die Vegetation besser durchdringen und so eine stärkere Reaktion der Insekten erzeugen.

Insbesondere das Gebläse erwies sich im Projekt als äußerst wirksam, da es sämtliche untersuchte Tiergruppen von der gemähten Fläche vertrieb. Aufgrund des starken Luftstroms kann es Kleinstlebewesen nicht nur zur Flucht anregen, sondern auch Individuen aktiv wegblasen, die sonst nicht entkommen könnten. „Nur bei Spinnen konnten wir keinen Effekt des Gebläses beobachten“, sagt Jonas Frank von der Universität Hohenheim. „Dies liegt wahrscheinlich daran, dass auf den Wiesen hauptsächlich netzbauende Arten leben, die sich bei starkem Wind an ihren Netzen festklammern.“

Rückzugsgebiete vorsehen

Die Forschenden empfehlen unbedingt, auf den zu mähenden Wiesen ungemähte Rückzugsflächen zu erhalten. Insekten und Spinnen, die vor dem Mähwerk verscheucht wurden, können sich in diese Flächen zurückziehen. Dort entgehen sie der nachfolgenden Ernte und dem Vertrocknen auf den gemähten Flächen. „Hierfür reicht es schon, kleine Inseln oder (Seiten-)Streifen ungemäht zu lassen“, betont Prof. Oliver Betz von der Universität Tübingen.

Hervorgehoben wird auch eine Kombination aus innovativen Technologien und angepassten Mähpraktiken. Zwar seien einige dieser Maßnahmen mit Kosten und Mehraufwand verbunden – etwa durch langsamere Fahrgeschwindigkeiten oder die Anschaffung spezieller Geräte wie Gebläsescheuchen. Doch selbst einfache und kostengünstige Lösungen wie Abstreifvorrichtungen aus Lkw-Plane könnten – richtig eingesetzt – nennenswerte Erfolge erzielen. Weitere Infos zur Insektenscheuchen:https://t1p.de/len8r

FORSCHUNGSERGEBNISSE AUS ÖSTERREICH: Hierzulande wurden insektenschonende Mähtechniken im Wirtschaftsgrünland und in artenreichen Magerwiesen in einem größeren Forschungsprojekt vor wenigen Jahren untersucht. Die mittlere Sterberate lag bei der Mahd mit dem Doppelmessermähwerk bei unter fünf Prozent. Das Scheibenmähwerk unterschied sich signifikant und die Mortalität lag in etwa doppelt so hoch wie beim Doppelmessermähwerk (Mittelwert unter 10 %). Alle drei Mähvarianten mit Aufbereiter (Mittelwert um 15 bis 20 %) zeigten wiederum ca. eine Verdoppelung der Totenzahlen im Vergleich mit dem Scheibenmähwerk und eine Vervierfachung im Vergleich mit dem Doppelmessermähwerk. Die Schutz- und Scheuchvorrichtungen „Striegel“ und „Abweiserblech“ haben signifikant keine Verbesserungen gebracht.

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