Mit Kalk den Waldboden sanieren
Waldböden haben nicht nur eine lange Geschichte hinter sich, sondern auch ein langes Gedächtnis. Oft sind Ereignisse schon JahrhunderÂte her, wirken jedoch immer noch nach. Streunutzung, Waldweide und reine Fichten- oder Kiefernwirtschaft über mehrere Baumgenerationen haben viele Böden schwer in Mitleidenschaft gezogen. Ab Mitte des letzten Jahrhunderts kam der bis heute noch anhaltende saure Regen dazu. Eine starke Versauerung des Oberbodens, die vor allem bei saurem Grundgestein (Gneise, Granite und saure Schotter) zu einer extrem niedrigen Nährstoffversorgung führen kann, verringert die Vitalität der Wälder und hindert manche Baumarten sogar daran zu gedeihen.
Die Auswirkungen sind oft schon auf den ersten Blick zu erkennen. Zuwächse der BäuÂme gehen durch den Nährstoffentzug stark zurück, die Humusauflage wird mächtiger und geht bis zur Bildung von inaktiven Rohhumusschichten. Das saure Bodenmilieu führt zum Verschwinden der bodenverbessernden Regenwürmer. Die BaumkroÂnen werden schütter, Nadeln fahl und oft sind Bäume geschwächt, sodass Krankheiten wie Sirococcus-Befall das Absterben von Ästen und ganzer Bäume verursachen. Auf stark versauerten Standorten kommen nur wenige Baumarten wie Fichten und Kiefern zurecht, welche aber den Kreislauf der Bodenversauerung in Gang halten. Viele Laubbaumarten, besonÂders Ahorn, Esche, Linde und Hainbuche reagieren sensibel auf die schlechte VersorÂgung durch basische Kationen und die im Gegenzug steigende Aufnahme pflanÂzengifÂtiger Aluminiumionen bei niedrigen pH-Werten unter 4,5.
Kalkung ist nur der erste Schritt
In wissenschaftlichen UnÂtersuchungen hat sich bei der Düngung der kohlensauÂre Magnesiumkalk mit einer Ausbringungsmenge von drei Tonnen je Hektar im Wald bewährt. Dieser Bodenhilfsstoff aus feinem Gesteinsmehl wird auch im biÂoÂlogischen Landbau verÂwenÂdet. Die Ausbringung erfolgt von der Forststraße oder dem Rückeweg aus durch einen Radlader oder Unimog mit aufgebautem GeÂbläse. Vor der Düngung ist es sinnvoll, waldbauliche Maßnahmen, die in den kommenÂden Jahren ohnehin geplant sind, gleich umzusetzen. Eine Erstdurchforstung ist auch für die gleichmäßige VerÂteilung des Magnesiumkalkes sinnvoll. Um den Austrag der Nährstoffe zu verhindern, sollten Kahlflächen für die Düngung vermieden werden.
Baumartenwahl und Pflege
Die Versauerung und die Verarmung an Nährstoffen beschränken sich oftmals nur auf die obersten 30 bis 40 Zentimeter des Bodens. Tiefwurzelnde Baumarten können aber auch Nährstoffe aus tieferen Bodenschichten aufnehmen. Der Buche und Tanne kommt für die langfristige Bodenverbesserung eine entscheidende Rolle zu. Je nach Standort wirken sich auch Bergahorn, Eiche, Eberesche und andere LaubbaumÂarten sehr positiv aus. Langfristig ist jedenfalls ein MischÂbestand mit Laubbaumarten und Tanne anzuÂstreben. Durch den besseren StreuabÂbau dieser Baumarten und die tieferen Wurzeln werden die biologische AktiÂvität angekurbelt und die Nährstoffe im System gehalten. Um anspruchsvollere Laubbaumarten etablieren zu können, ist auf stark versauÂerten StandÂorten eine Starthilfe sinnvoll. Beim PflanÂzen dieser Baumarten kann durch eine Pflanzlochdüngung mit kohlensaurem Magnesiumkalk (eine Handvoll) das AnÂfangsÂwachstum gefördert werÂden. Grundvoraussetzung bei der Baumartenwahl ist neben der Nährstoffversorgung auch die Eignung des Standorts hinsichtlich des WasÂserÂhaushaltes und des Klimas.
Vollbaumnutzung ist moderne Streunutzung
Auf nährstoffarmen WaldÂflächen ist die Vollbaumnutzung ein unterschätztes ProbÂlem und auch wirtschaftlich eindeutig nachteilig. Die Entnahme des Stammes mit Ästen und Blättern oder Nadeln ist hier so kritisch, da sie den Boden ähnlich große Mengen an Nährstoffen entzieht, wie die frühere Streunutzung. Zudem wird mit der Entfernung der Grünmasse auch ein Versauerungsschub verursacht. Versuche zeigen, dass schon eine einzige Vollbaumnutzung in der Durchforstung über viele Jahre den Zuwachs um bis zu 20 Prozent verringert. Auf stark versauerten Standorten ist sie daher jedenfalls zu vermeiden und würde den Effekt einer Kalkung zunichtemachen.
Vorteile eines gesunden Waldbodens
Ein gesunder Waldboden ermöglicht allen Baumarten ein besseres Wachstum und insgesamt vitalere Bestände, die gegenüber SchwächeparaÂsiten und Trockenstress weniger sensibel reagieren. Eine intakte und biologisch aktive Humusschicht kann mehr Wasser speichern, was sich in Trockenzeiten als auch bei StarkregenereignisÂsen positiv auswirkt. Bei einem guten Bodenzustand können auch anspruchsvollere Baumarten gepflanzt werden. „Jeder Waldbesitzer sollte alle Möglichkeiten zu Waldbodenverbesserung ergreifen. Diese Maßnahmen sind die richÂtige Investition in die Zukunft unserer Wälder“, ist Landesrätin Michaela Langer-Weninger überzeugt.
Kosten und Förderung
Die Kosten für eine Waldkalkung sind bei ausrei-chender Erschließung mit Forststraßen und Rückewegen (maximaler Wegabstand 100 Meter) durch eine effiziente Ausbringung verÂhältnismäßig niedrig. Auf Basis früherer Wald-kalkungen werden die Kosten mit rund 300 bis 400 Euro je Hektar inklusive AusÂbringung geschätzt und werden nach Abschluss der Ausschreibung in Kürze feststehen. Je Waldbesitzer kann eine maximale Waldfläche von 50 Hektar gefördert werden. Die anfallenden Kosten für die Kalkung müssen mindes-tens 500 Euro je Waldbesitzer betragen. Der Förderungssatz beträgt 60 Prozent im Wirtschaftswald und 80 Prozent bei erhöhter Wohlfahrts- und Schutzfunktion. Gefördert werden dabei nur jene Flächen, bei denen tatsächlich eine Kalkungsnotwendigkeit gegeben ist.
Kalkungsaktion 2024
Im Herbst/Winter des heurigen Jahres wird eine Kalkungsaktion durchgeführt. Interessierte Waldbesitzer sollen sich bis spätestens Mitte Oktober bei den Bezirksförstern oder Forstberatern der Bezirksbauernkammern melden. Für die Förderung ist auch ein Antrag im Rahmen der LE-Förderung unter Angabe der Fläche und der kartenmäßigen Darstellung zu stellen.
Die Abwicklung wird in Zusammenarbeit der Bezirksforstdienste und Bezirksbauernkammern organisiert.
Voraussetzungen für Kalkung
Mindestens zwei Voraussetzungen sollen zutreffen, damit die Kalkung sinnvoll ist:
• Negative Einflüsse wie Streunutzung oder Waldweide in der Vergangenheit
• Bodenvegetation zeigt starke Versauerung an (Heidel- oder Preiselbeere, Drahtschmiele, Heidekraut, Astmoos, Weißmoos)
• Inaktive Rohhumusschicht
• Saures Grundgestein (Granit, Gneis, saure Schotter)
• Vergilbung von Nadeln
• Auftreten von Sirococcus-Zweigpilzen
Hier darf man nicht kalken
Keinesfalls gekalkt werden dürfen folgende Standorte:
• Moore und moornahe Standorte
• Flächen in Abstand von weniger als 25 Meter zu Gewässern
• Sehr flachgründige, sandige Böden mit weniger als 25 Zentimeter Bodenmächtigkeit
• Natürlich saure Standorte
• Zone I von Wasserschutzgebieten
Keinen Sinn hat die neuerliche Kalkung von Flächen, welche in den letzten zehn Jahren bereits gekalkt worden sind.
Der Artikel entstand in Kooperation mit dem OÖ. Landesforstdienst.