„Jagd ist Teil der Lösung“

Wildtiermanagement, Klimawandel und gesellschaftliche Akzeptanz – Landesjägermeister Christoph Metzker spricht über die Zukunft der Jagd, ihre Herausforderungen und warum junge Menschen stärker eingebunden werden sollten.

Metzker

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BauernZeitung:Herr Metzker, Sie sind seit Kurzem Landesjägermeister in Niederösterreich. Was bedeutet Ihnen diese Funktion?

Metzker:Schon seit meiner Kindheit beschäftige ich mich intensiv mit der Jagd. Ich bin in einem agrarisch geprägten Haushalt aufgewachsen, in dem die Jagd zum Alltag gehörte. Sie war stets Thema bei uns, Teil des täglichen Lebens. Diese tiefe Verbindung hat meine Leidenschaft und Begeisterung für die Jagd geweckt.

Was fasziniert Sie bis heute daran?

Zur Jagd gebracht hat mich vor allem das ständige Dabeisein von klein auf. Geprägt haben mich besonders mein Vater und mein Großvater, die mich regelmäßig mit ins Revier genommen haben – sei es zur Hege, Revierpflege oder Jagd. Von ihnen habe ich wichtige jagdliche Werte gelernt: Verantwortung, Ernsthaftigkeit und Respekt vor der Natur.

Wie werden Sie Ihre Funktion anlegen? Welche Prioritäten setzen Sie für Ihre Amtszeit und wo sehen Sie den größten Handlungsbedarf in der Jagdpolitik?

Ich übernehme einen sehr gut aufgestellten Verband – modern, zukunftsfit und mit einem engagierten Team. Mein Fokus liegt vor allem auf zwei Bereichen. Erstens: Jugend und Ehrenamt. Wir müssen junge Menschen für jagdliche Ehrenämter begeistern und ihnen Verantwortung, Vertrauen sowie Möglichkeiten zur Mitgestaltung geben. Dazu gehört auch eine gezielte Ausbildung, um sie optimal auf künftige Aufgaben vorzubereiten. Zweitens: Partnerschaften und Vernetzung. Eine enge Zusammenarbeit mit Politik, Land- und Forstwirtschaft sowie Wissenschaft ist mir besonders wichtig. Jagd ist untrennbar mit dem Eigentum verbunden. Durch Kooperationen, etwa mit der BOKU oder der Vetmeduni, wollen wir jagdliche Praxis und wissenschaftliche Expertise stärker verknüpfen, um gemeinsam Zukunftsfragen rund um Natur, Lebensraum und Wild zu gestalten.

Die aktuelle Lage ist herausfordernd und zeigt, wie wichtig konsequentes Wildtiermanagement ist.

Mit dem Schwerpunkt ‚Zukunft Lebensraum‘ setzt der NÖ Jagdverband stark auf Zusammenarbeit zwischen Jagd, Forst, Landwirtschaft und Naturschutz. Wie gelingt dieses Miteinander in der Praxis?

In vielen Fällen sind Jäger zugleich Land- oder Forstwirte, sie bewirtschaften also denselben Naturraum. Das funktioniert oft gut, muss aber noch sichtbarer gemacht werden. Genau deshalb haben wir den Lebensraumpreis ins Leben gerufen: Damit wollen wir vorbildliche Projekte aus den Revieren vor den Vorhang holen – unabhängig von Größe oder Budget. Ziel ist es, die Leistungen der Jagd für den Lebensraum stärker in die Öffentlichkeit zu bringen und den Austausch untereinander zu fördern.

Mit der Pflanzung von rund 18.000 Bäumen und Sträuchern hat der NÖ Jagdverband im vergangenen Jahr ein starkes Zeichen gesetzt. Mit welchem Ansinnen?

Unsere Intention war, den Lebensraum zu stärken und ihm mehr Gewicht zu geben, deshalb wurde 1967 die Wildökolandaktion ins Leben gerufen, die sehr gut angenommen wird. Mit der Pflanzung von 18.000 Bäumen allein 2024 leisten wir auch einen aktiven Beitrag zum Klimaschutz, der untrennbar mit Natur und Jagd verbunden ist.

Inwiefern sehen Sie die Jagd insgesamt als Teil der Lösung im Kampf gegen den Klimawandel?

Sie wird Teil der Lösung sein müssen, besonders im Hinblick auf Tiergesundheit und Seuchengefahr. Krankheiten wie die Afrikanische Schweinepest oder die Maul- und Klauenseuche rücken näher an Österreich heran. Ein verantwortungsvolles Wildtiermanagement ist daher unerlässlich. Wir sensibilisieren die Jägerschaft aktiv mit Kampagnen und Fachinformationen.

Die Schäden durch Schalenwild, insbesondere in jungen Waldbeständen, nehmen spürbar zu. Wie beurteilen Sie die aktuelle Lage in Niederösterreich?

Die Schwarzwildpopulation in Niederösterreich ist in den letzten Jahren stark gestiegen – vor allem aufgrund milder Winter, guter Nahrungsbedingungen und einer sehr hohen Reproduktionsrate. Daher werden im Zuge der Afrikanischen Schweinepest (ASP) seit vielen Jahren gezielte Bejagungsmaßnahmen gesetzt, um die Bestände zu kontrollieren. Die aktuelle Lage ist herausfordernd und zeigt, wie wichtig ein konsequentes Wildtiermanagement ist.

Welche Strategien verfolgt der Jagdverband, um Wildschäden, insbesondere durch Schwarzwild, einzudämmen – im Wald als auch in der Landwirtschaft?

Wildschäden lassen sich nur im Miteinander mit Land- und Forstwirtschaft wirksam reduzieren. Dazu gehören frühzeitige Abstimmungen mit Landwirten, Fruchtfolgeplanung, moderne Technik wie Drohnen oder Elektrozäune, Intervallbejagung und gezielte Schwerpunktsetzung. Auch richtige Fütterung, Ruhe im Lebensraum und flexible Jagdkonzepte sind entscheidend.

Seit den tragischen Vorfällen in Graz wird der Ruf nach schärferen Waffengesetzen lauter. Die Bundesregierung will nachbessern. Jäger blieben bisher ausgenommen. Können Sie solche Verschärfungen – etwa regelmäßige psychologische Eignungstests – auch zukünftig für die Jägerschaft ausschließen?

Der Vorfall in Graz hat mich als Vater tief erschüttert – meine Anteilnahme gilt den Betroffenen. Auch wenn es traurig ist, dass erst so ein Ereignis die Debatte ausgelöst hat, finde ich es richtig, dass nun über den Waffenbesitz gesprochen wird. Jäger sind in der Handhabung von Waffen sehr gut ausgebildet und unterliegen strengen Vorschriften. Ob psychologische Tests künftig nötig sind, können Experten besser beurteilen. Was ich aber klar unterstütze, ist mehr Transparenz im Datenaustausch: Wenn jemand auffällig wird, sollte das behördenübergreifend sichtbar sein – unabhängig davon, ob es sich um einen Jäger oder jemand anderen handelt.

Greifvögel wie Seeadler, Habicht oder Uhu haben in den letzten Jahren stark zugenommen – sehr zum Nachteil des Niederwilds. Spüren sie das im Revieralltag?

Es mag sein, dass es regional wieder mehr Greifvögel gibt, aber ich sehe das pragmatisch. Für einen gesunden Niederwildbestand spielen viele Faktoren eine Rolle, nicht nur der Greifvogel. Wenn über Regulationen bei Arten wie Wolf oder Greifvogel nachgedacht wird, braucht es dafür eine solide Basis: ein umfassendes Wildtiermonitoring und wissenschaftlich fundierte Daten. Ziel muss stets ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Wildbestand und Lebensraum sein.

Wir müssen als Jägerschaft transparenter werden und unsere Verantwortung ernst nehmen.

„Jagd ist Teil der Lösung“

Viele dieser Arten stehen unter strengem Schutz, was bei Jägern zu Unverständnis führt. Halten Sie eine Neubewertung des Schutzstatus – wie beim Wolf – für notwendig?

Eine generelle Senkung des Schutzstatus bei Greifvögeln halte ich nicht für sinnvoll. Die Situation ist deutlich komplexer. Bevor über Regulierungen gesprochen wird, brauchen wir Monitoringdaten. Maßnahmen können nicht auf Verdacht getroffen werden.

Tierschutzorganisationen genießen in der öffentlichen Debatte oft größeres Vertrauen und mehr mediale Aufmerksamkeit als die Jägerschaft. Was kann der Jagdverband tun, um seine Rolle im Natur- und Artenschutz besser sichtbar zu machen?

Der Lebensraumpreis ist ein guter Weg, um sichtbar zu machen, was die Jägerschaft für Natur- und Artenschutz leistet. Wir müssen unsere Expertise stärker nach außen tragen, verständlich kommunizieren und zeigen, dass Jagd einen aktiven Beitrag zum Erhalt des Lebensraumes leistet. Die Akzeptanz in der Gesellschaft ist gestiegen, darauf bauen wir.

Jäger sehen sich oft mit dem Vorwurf konfrontiert, bloß ‚Tiermörder‘ zu sein – insbesondere vonseiten vermeintlicher Tierschützer. Wie kann die Jägerschaft diesem Bild entgegentreten?

Der Abschuss ist nur ein kleiner Teil der Jagd. Viel wichtiger sind die vielfältigen Aufgaben rund um Lebensraum, Hege, Ausbildung und Kommunikation. Wir müssen als Jägerschaft transparenter werden, unsere Verantwortung ernst nehmen und auch verständlich informieren. Dazu braucht es eine klare Haltung, Nulltoleranz gegenüber schwarzen Schafen und eine starke, gut ausgebildete Jungjägerschaft, die bereit ist, Verantwortung zu übernehmen und die Jagd auch in Zukunft glaubwürdig zu vertreten.

Welchen Beitrag kann das hochwertige Lebensmittel Wildbret zur Aufklärung leisten?

Wildbret ist ein hochwertiges, regionales und nachhaltiges Lebensmittel, das stärker beworben und durch Partnerschaften sichtbarer gemacht werden muss. Strenge Standards wie Beschau und Trichinenuntersuchung sichern Qualität und Lebensmittelsicherheit.

Zur Person
DI Christoph Metzker, Jahrgang 1975, maturierte am Francisco Josephinum Wieselburg und absolvierte an der Universität für Bodenkultur das Landwirtschaftsstudium. Seit 2021 ist er im Vorstand des NÖ Jagdverbandes. Beruflich begann er 2004 bei der RWA Raiffeisen Ware Austria, seit 2020 ist er Vorstandsdirektor.

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