Ein Leben für die Agrarpolitik
Kurz vor der Nationalratswahl 1975 verunglückte der ÖVP-Obmann und frühere Verteidigungs – und Landwirtschaftsminister Karl Schleinzer. Der damals 51-Jährige kollidierte am 19. Juli in Bruck an der Mur mit einem Lkw.
Vom Bauernsohn zum Bundesminister
Karl Schleinzer wurde am 8. Jänner 1924 als Bauernsohn in Zellach (Kärnten) geboren. Nach dem Studium an der damaligen Hochschule für Bodenkultur in Wien startete er seine politische Karriere im Kärntner Landtag. 1961 berief ihn Bundeskanzler Alfons Gorbach als Verteidigungsminister in die Bundesregierung, 1964 übernahm er unter Bundeskanzler Josef Klaus das Landwirtschaftsministerium. Er modernisierte das Förderungssystem für Land- und Forstwirtschaft und setzte auf Wettbewerbsfähigkeit der bäuerlichen Familienbetriebe. Er führte Maßnahmen zur Verbesserung der Betriebsstrukturen, zur Kommassierung und zu Pachtgesetzen ein und reagierte so auf den damals rasch voranschreitenden Strukturwandel. Als erster Landwirtschaftsminister der Zweiten Republik forcierte er den Dialog mit der Wissenschaft und gründete 1968 die Gesellschaft für Land- und Forstwirtschaftspolitik (heute Ökosoziales Forum).
Parteiobmann in turbulenten Zeiten
Gegen Ende der 1960er-Jahre kam es zu Bauernprotesten gegen die von Bundeskanzler Josef Klaus und Finanzminister Stephan Koren initiierten Sparmaßnahmen, die die Landwirtschaft und die bäuerlichen Familien als Belastung empfanden. Die Proteste trugen zur Wahlniederlage der ÖVP 1970 bei, woraufhin die Partei in die Opposition ging. Bundeskanzler Klaus zog sich im Zuge dessen aus der Politik zurück. Schleinzer wurde 1971 als Nachfolger von Hermann Withalm zum ÖVP-Obmann gewählt. Er stabilisierte die Partei in einer schwierigen Phase und verhinderte ihre Spaltung durch das „Salzburger Programm“.
Die Nationalratswahl 1975, in der Schleinzer als Spitzenkandidat gegen Bruno Kreisky antreten sollte, erlebte er nicht mehr – seinem eilig bestimmten Nachfolger Josef Taus blieb der Zugang zur Regierungsverantwortung allerdings ebenso verwehrt.
Als prägende Persönlichkeit bleibt Karl Schleinzer vor allem als innovativer Agrarpolitiker und verantwortungsbewusster Parteichef in Erinnerung.